Kapitel 1: Der Park der verlorenen Erinnerungen
Es war eine dieser Nächte, in denen der Nebel den Boden wie ein schwerer Schleier bedeckte. Der Dunkle Park, ein abgelegener Ort in der Nähe von Richmond, war nicht der ideale Platz für ein nächtliches Rendezvous. Doch in den letzten Wochen hatte sich für Emma genau dieser Park als Treffpunkt ihrer geheimen Begegnungen mit Alex etabliert. Jedes Treffen war eine Flucht vor der Welt – ein Raum, in dem sie in seinen Augen alles fand, was sie in ihrer unaufgeregten Ehe vermisste.
An diesem besonderen Abend jedoch fühlte sich alles anders an. Der Nebel schien dichter, die Bäume höher und düsterer. Es war, als würde der Park selbst atmen und eine Geschichte flüstern, die Emma noch nicht ganz verstehen konnte. Der Park, der nie ganz ungefährlich war, hatte in den letzten Monaten zunehmend einen düsteren Ruf erhalten. Gerüchte über verschwundene Hunde und seltsame Vorkommnisse machten die Runde, doch Emma hatte nie viel daraus gemacht. Ihre Gedanken waren stets bei Alex.
„Vielleicht hätte ich das heute wirklich nicht tun sollen“, murmelte sie und drehte sich um. Ihr Herz pochte schneller, als sie hinter sich einen Schatten bemerkte, der zwischen den Bäumen hervorschlich. Ein Schauer lief ihr über den Rücken.
„Emma…“ Ein vertrautes Flüstern riss sie aus ihren Gedanken. Sie drehte sich um und erblickte Alex, der wie immer in seinem schwarzen Mantel aus der Dunkelheit trat. In seinen Augen lag ein Glanz, der ihr vertraut, aber auch beunruhigend war. „Du bist pünktlich“, sagte er und zog sie sanft in seine Arme.
„Alex, was ist los?“ Emma konnte den besorgten Ausdruck in seinem Gesicht nicht übersehen. „Warum sind wir heute nicht an unserem üblichen Ort?“
„Ich dachte, es wäre besser so“, antwortete er vage. „Der Park ist ruhig, aber ich habe das Gefühl, dass uns jemand beobachtet.“
„Jemand? Hier?“ Emma versuchte, die Spannung aus ihrer Stimme zu nehmen, doch auch sie fühlte sich zunehmend unwohl.
„Schau dich um, Emma. Du wirst sehen, dass der Park heute anders wirkt.“ Alex zog sie weiter in den Schatten eines der alten Eichenbäume, seine Hand fest um ihren Arm. Sie hatte das Gefühl, als würde etwas in der Luft vibrieren, als ob der Park selbst wartete.
Doch dann, mitten in der Stille, hörte sie es. Ein leises, kaum hörbares Geräusch, das hinter den Büschen und Bäumen zu kommen schien. Es war ein Geräusch, das sie kannte – das Knacken von Laub unter den Schritten eines anderen.
„Alex…“, flüsterte sie, ihre Stimme ein Hauch von Panik.
„Bleib ruhig“, murmelte er und zog sie weiter in den Park. „Es ist nichts. Ich habe hier schon oft genug Geheimnisse versteckt, Emma.“
Ihre Augen weiteten sich. „Geheimnisse? Was meinst du damit?“
„Ich meine, dass ich mich immer wieder gefragt habe, was hier so in der Dunkelheit verborgen bleibt. Und das… das ist der Moment, in dem wir erfahren werden, was wirklich passiert ist.“
Plötzlich ertönte ein durchdringender Schrei. Ein Geräusch, das die Stille des Parks zerriss und die Nacht in eine düstere Hölle verwandelte. Es kam nicht von weit entfernt – es war direkt hinter ihnen.
„Lauf!“, rief Alex.
Emma konnte nichts anderes tun, als den Befehl zu befolgen, doch der Schrei hallte weiter in ihrem Kopf nach. Was war hier wirklich los? Warum hatte sie das Gefühl, dass Alex mehr wusste, als er ihr zugeben wollte?
Der Park, der einst ein Ort der Liebe und Freiheit gewesen war, verwandelte sich in eine Falle. Und als der Nebel sich noch dichter um sie legte, ahnte Emma nicht, dass dies der Beginn eines rätselhaften Krimis war, der nicht nur ihre Liebe, sondern auch ihr Leben für immer verändern würde.
Kapitel 2: Das geheime Treffen
Der Schrei hallte noch immer in ihren Ohren, als Emma und Alex durch den Dunklen Park rannten. Der Nebel war inzwischen so dicht, dass sie kaum noch den Weg vor sich erkennen konnten. Ihre Schritte waren hastig, das Rauschen ihres Atems war das Einzige, was sie hörten. Der Schrecken des Schreis schien sich wie ein Schatten über sie zu legen. Was war das? Wer hatte geschrien? Und warum hatte Alex sie so plötzlich gewarnt?
„Komm, schneller!“, rief Alex, der ihre Hand immer fester umklammerte. Sie waren auf einem schmalen Pfad, der durch die dicht bewachsenen Bäume führte. Der Park war ein Labyrinth aus Wegen und Verstecken, und in dieser Nacht fühlte es sich an, als würden sie sich immer tiefer in einen Alptraum hineinbegeben.
„Alex, was passiert hier?“ Ihre Stimme zitterte, und sie konnte das Gefühl nicht loswerden, dass sie beobachtet wurden. Ihre Angst wuchs mit jedem Schritt, den sie taten. Etwas war hier nicht in Ordnung.
„Es gibt Dinge, von denen du nichts weißt, Emma“, antwortete Alex mit ernster Miene. „Dinge, die hier im Park vor Jahren begannen. Und es ist nicht mehr sicher, mit wem du dich einlässt.“
Emma stutzte. Was meinte er? Alex, der Mann, den sie liebte und dem sie vertraute, schien plötzlich jemand anderes zu sein. Ihre Gedanken wirbelten durcheinander. Sie hatten immer über ihre Zukunft gesprochen, über das, was sie gemeinsam aufbauen könnten. Doch jetzt schien sie in einem völlig neuen, unbekannten Kapitel zu sein – einem Kapitel, in dem Geheimnisse und Lügen die Hauptrolle spielten.
„Wovon redest du?“, fragte sie, ihre Stimme war inzwischen kaum mehr als ein Flüstern. Ihre Beine brannten, sie war müde, aber sie konnte nicht aufgeben. Das Gefühl, dass sie verfolgt wurden, wuchs mit jedem Schritt.
„Lass uns zum Ende des Parks gehen“, sagte Alex, „dort ist ein Ausgang. Ich bringe dich sicher nach Hause. Und danach… danach werde ich dir alles erklären. Du musst mir jetzt einfach vertrauen.“
Sie nickte, auch wenn sie sich unsicher fühlte. Ihre Gedanken wirbelten, aber in dieser Nacht fühlte sie sich wie in einem Albtraum gefangen, aus dem es kein Entkommen gab. Das rasche Atmen und das stampfende Geräusch ihrer Schritte hallten im Nebel wider, als sie weitergingen.
Plötzlich blieb Alex stehen. Emma hatte kaum die Chance, sich zu fragen, warum er plötzlich stockte, als sie hinter sich eine Gestalt entdeckte, die wie aus dem Nichts auftauchte. Es war eine Frau. Ihre Silhouette war kaum zu erkennen, doch sie schien ihnen zu folgen. Die Frau bewegte sich mit einer unheimlichen Langsamkeit, als ob sie sie absichtlich verfolgte.
„Wer ist das?“, flüsterte Emma erschrocken.
„Wir müssen weiter“, drängte Alex und zog sie erneut vorwärts. Doch Emma konnte ihren Blick nicht von der Frau abwenden. Es war, als ob diese Gestalt eine Verbindung zu etwas hatte, das tief im Inneren von Emma lebte – eine Verbindung zu einer Vergangenheit, die sie längst vergessen hatte.
„Alex, wer ist sie?“ Emma wollte mehr wissen, konnte es aber kaum aussprechen. Ihre Gedanken rasten. Sie spürte, wie sich die Luft um sie herum verdichtete, als ob der Park selbst sie in seinen Bann zog.
„Es ist niemand“, antwortete Alex mit einem verstellten Tonfall. „Jemand, den ich kenne, aber… es ist nicht wichtig.“
Doch es war wichtig. Emma wusste es. Sie hatte das Gefühl, dass diese Frau, die in der Dunkelheit auftauchte, eine Antwort in sich trug – eine Antwort, die alles verändern konnte. Sie mussten sie ansprechen, sie mussten herausfinden, wer sie war und was sie wollte. Doch als Emma sich erneut umdrehte, war die Frau verschwunden.
„Wo ist sie hin?“ Emma konnte ihren Blick nicht von der Stelle wenden, an der die mysteriöse Gestalt noch vor wenigen Sekunden gestanden hatte. Der Nebel hatte sie verschluckt, als ob sie nie existiert hätte.
„Komm, wir müssen jetzt weiter“, drängte Alex. „Es gibt Dinge, die du nicht verstehen kannst. Aber ich werde dir alles erklären, Emma. Vertrau mir.“
Doch in diesem Moment wusste Emma, dass sie nicht einfach weiterlaufen konnte. Die Angst, die sie nun fühlte, war greifbar. Es gab zu viele offene Fragen. Was wusste Alex? Und warum war er so entschlossen, sie zu beschützen, aber gleichzeitig auch so geheimnisvoll?
„Ich kann nicht einfach mit dir gehen, Alex“, sagte sie mit einem Zittern in der Stimme. „Ich brauche Antworten. Jetzt.“
Alex seufzte tief. Seine Augen waren leer, und für einen Moment schien er in Gedanken versunken. „Ich wollte nicht, dass du es erfährst, aber es ist zu spät. Du bist bereits in etwas hineingeraten, das größer ist, als du dir vorstellen kannst.“
Emma atmete tief ein. Der Nebel, die Dunkelheit, der fremde Schrei – alles schien auf diesen Moment hinzudeuten. Es gab kein Zurück mehr.
„Was meinst du damit? Was ist hier los?“
Alex zog sie näher an sich, seine Stimme drang leise an ihr Ohr. „Ich arbeite für jemanden, Emma. Jemanden, der im Dunkeln agiert. Und der Park… Der Park ist der Ort, an dem alles begann. Wir müssen herausfinden, was da drüben passiert ist, bevor wir herausfinden, was für uns noch auf uns wartet.“
Emma starrte ihn an. In seinen Augen spiegelte sich etwas, das sie noch nie zuvor gesehen hatte – etwas Dunkles und Gefährliches. Der Park, der einst für sie ein Ort der Liebe war, war jetzt ein Ort des Unheils.
Und während der Nebel um sie herum weiterwaberte, wusste Emma, dass sie an der Schwelle zu einer Geschichte stand, die viel größer war, als sie sich je hätte vorstellen können.
Kapitel 3: Der flimmernde Schatten
Die Dunkelheit des Parks schien sich wie ein Mantel um mich zu legen. Der Nebel, der die Straßenlaternen verschluckte, machte es fast unmöglich, mehr als ein paar Meter vorauszusehen. Doch ich wusste, dass ich nicht weit von der Wahrheit entfernt war. Max hatte sich durch die Dunkelheit geschlichen, und was auch immer er wusste, ich war entschlossen, es zu erfahren.
Ich warf einen letzten Blick auf die Bank, auf der Max sitzen sollte, doch sie war leer. Ein leichter Wind wehte durch die Äste, und ich hörte das Rascheln der Blätter, als sie sanft zu Boden fielen. Es war eine seltsame Stille, als ob der Park selbst den Atem anhielt, um das Geheimnis zu bewahren.
Ich zog das Handy aus der Tasche und wählte Max‘ Nummer ein weiteres Mal. Doch diesmal hörte ich kein klingeln. Es war, als ob er den Anruf absichtlich ignorierte. Warum tat er das? Und was wusste er, das er mir nicht erzählen wollte? Hatte er sich von mir entfernt, weil er Angst hatte, dass ich hinter sein Geheimnis kommen könnte?
Ich setzte mich auf die Bank und ließ mich von den Gedanken überfluten. Irgendetwas stimmte hier nicht. Etwas stimmte an Max’ Geschichte nicht, und ich war entschlossen, es herauszufinden, egal wie gefährlich es auch werden mochte. Ich fühlte eine merkwürdige Mischung aus Angst und Entschlossenheit.
Da war dieser Schatten.
Ich sprang auf, als ein dunkler Umriss sich aus dem Nebel löste und langsam auf mich zukam. Ich konnte die Gestalt zunächst nicht erkennen, doch sie schien sich gezielt auf mich zuzubewegen. Ein kaltes Gefühl kroch über meinen Nacken. War es Max? Oder jemand anderes, der das gleiche Geheimnis jagte?
„Lena“, kam eine rauchige Stimme aus der Dunkelheit. Ich erstarrte. Es war Max.
„Was ist hier los, Max?“ Ich konnte kaum meine Gedanken ordnen, als ich ihn direkt ansah. Seine Augen waren weit geöffnet, und es war klar, dass er etwas wusste – und vielleicht wusste er zu viel.
„Du musst mir vertrauen, Lena“, sagte er, doch seine Stimme klang anders. Verzweifelt. „Ich wollte dich nicht hineinziehen, aber es ist schon zu spät. Sie haben uns gefunden.“
„Wer?“, fragte ich, ohne den Blick von ihm abzuwenden. Etwas war nicht in Ordnung. Etwas stimmte an diesem Gespräch nicht.
Max wirkte plötzlich erschöpft, als ob er den ganzen Druck, der auf ihm lastete, kaum noch ertragen konnte. „Ich… ich habe den Park nicht aus freien Stücken betreten“, flüsterte er. „Und es war nie geplant, dass du das alles erfährst.“
„Was meinst du?“
„Es gibt Dinge, die du nicht verstehen kannst, Lena“, sagte er, und seine Stimme war nun fast gebrochen. „Geheimnisse, die uns hierher geführt haben. Es sind Leute… gefährliche Leute. Ich wollte dich nicht gefährden.“
Ich schüttelte den Kopf. „Aber du hast mich hierher geholt, Max. Du hast mich mit hineingezogen.“
Max sah mich an, als ob er zwischen der Wahrheit und einer Lüge hin- und hergerissen war. „Ich… ich muss dir mehr erzählen, aber wir haben keine Zeit. Du musst mir vertrauen.“
Die Welt um uns herum verschwamm in dem Nebel, und der Park fühlte sich auf einmal noch bedrohlicher an. Ich wollte mehr wissen, wollte das Geheimnis entschlüsseln, das Max versuchte, in sich zu bewahren. Doch die Frage war, ob ich ihm überhaupt noch vertrauen konnte.
Ein Schritt knirschte im Gras. Und dann ein zweiter. Wir waren nicht mehr allein.
„Max, wer ist das?“, flüsterte ich, als der Nebel sich weiter lichtete. Doch Max antwortete nicht. Er hatte sich schon abgewendet, als ob er wusste, dass es zu spät war.
Ich hörte es nun ganz deutlich: Schritte, die sich dem Park näherten, und das Gefühl, dass uns jemand beobachtete. Langsam und unaufhaltsam.
Max packte mich plötzlich an der Hand. „Lena, wir müssen gehen. Jetzt!“
Aber es war zu spät.
Kapitel 4: Die Enthüllung
Der Park war jetzt in völliger Dunkelheit gehüllt, und der Nebel war so dicht, dass ich kaum noch den Weg vor mir erkennen konnte. Max zog mich mit unerbittlicher Kraft hinter sich her. Ich versuchte, mich von ihm zu befreien, aber seine Hand war wie ein eisernes Band um mein Handgelenk.
„Max, was passiert hier wirklich?“ Meine Stimme war ein angestrengtes Flüstern, doch es schien, als ob er mich nicht hören wollte. Stattdessen zog er mich weiter, immer tiefer in den Park hinein. Ich konnte den eisigen Schweiß auf meiner Stirn spüren. Was hatte er mir verschwiegen? Wer waren diese „gefährlichen Leute“, vor denen er mich warnte? Ich wusste, dass ich Antworten brauchte – und zwar jetzt.
Plötzlich blieb Max stehen. Er hatte mich in eine kleine, abgelegene Ecke des Parks geführt, wo die Bäume so dicht standen, dass das Licht der Straßenlaternen sie nicht erreichte. Ich konnte den kalten, feuchten Boden unter meinen Füßen spüren und hörte das Rauschen der Blätter, das in dieser Stille fast unheimlich klang.
„Du bist zu spät“, sagte Max mit rauer Stimme. „Sie wissen schon alles.“ Er drehte sich zu mir um, seine Augen weit aufgerissen, voller Angst. „Ich habe einen Fehler gemacht, Lena. Ich hätte dich nicht in das Ganze hineinziehen sollen.“
„Was hast du getan, Max?“ Ich fühlte einen Nervenkitzel, aber auch eine zunehmende Verzweiflung. Etwas stimmte hier nicht. „Wer sind diese Leute? Warum hast du mich die ganze Zeit belogen?“
Max schüttelte verzweifelt den Kopf. „Es ist nicht so, wie du denkst“, sagte er, und seine Stimme brach. „Ich wollte nur… nur ein normales Leben führen. Aber dann habe ich diesen Koffer gefunden. Dieser verdammte Koffer.“
Ein Kloß bildete sich in meinem Hals. „Koffer? Was hat der Koffer mit all dem zu tun?“
„Der Koffer war der Beginn von allem. Der Schlüssel zu etwas, das ich nicht begreifen konnte. Etwas, das viel größer ist als wir beide.“ Max starrte in die Dunkelheit vor uns, als ob er die Schatten fürchtete, die uns umgaben. „Ich habe ihn geöffnet, und als ich das tat, hatte ich keine Ahnung, was ich entfesselte.“
„Was war in dem Koffer?“ Ich wusste, dass die Antwort diese ganze Situation ändern würde.
Max seufzte, und für einen Moment schien er zu zögern. Dann sagte er endlich: „Informationen. Wichtige, brisante Informationen. Dinge, die viele Leute – mächtige Leute – nicht wollten, dass sie ans Licht kommen. Dokumente, Beweise gegen korruptes Verhalten in hohen Ämtern. Und ich habe sie gesehen, Lena. Ich weiß, was da drin war.“
„Du hast etwas entdeckt, das die falschen Leute nicht wollten, dass du es entdeckst, oder?“ Es war eine kalte, harte Erkenntnis, die mir wie ein Schlag traf.
Max nickte. „Ja. Und jetzt sind sie hinter mir her. Hinter uns her.“
Die Worte, die er nun sprach, bestätigten all das, wovor ich den ganzen Abend über Angst gehabt hatte. „Sie haben meinen Bruder… und wenn ich nicht tue, was sie wollen, wird er sterben. Du bist mit hineingezogen worden, weil du mich verfolgt hast. Sie haben gesehen, wie du mich beobachtet hast, Lena.“
„Was willst du, dass ich tue?“ fragte ich, fast tonlos, der Schock nahm mir die Stimme.
„Ich muss den Koffer zurückbringen“, sagte Max. „Aber sie dürfen nicht wissen, dass ich dich in das Ganze verwickelt habe. Es ist der einzige Weg, sie zu täuschen.“
Ich sah ihn an, als würde ein kalter Sturm durch meinen Körper ziehen. Es war zu spät, um aus diesem Albtraum zu entkommen. Und als ich mich in diesem Moment entschloss, mit ihm zu gehen, wusste ich, dass es keinen Weg mehr zurück gab. Der Park um uns herum war der Ort, an dem alles begonnen hatte, und es war der Ort, an dem sich unsere Schicksale für immer verbinden würden. Aber zu welchem Preis?
„Was ist dein Plan?“ fragte ich, fest entschlossen, zu verstehen, was als Nächstes kommen würde.
„Wir müssen zum Treffpunkt“, antwortete Max, und seine Stimme klang jetzt eisig und fest. „Wir tun es auf ihre Weise. Du musst mir vertrauen, Lena. Du hast keine andere Wahl.“
„Und du, Max? Kannst du mir überhaupt noch vertrauen?“ fragte ich, und in diesem Moment fühlte sich alles an wie ein zerrissenes Band, das langsam, aber sicher auseinanderbrach.
Max schaute mich tief an, und ich konnte die Spuren der Angst in seinen Augen sehen. Doch in diesem Moment gab es nur uns und den düsteren Park, der uns umhüllte.
„Ich hoffe, dass wir uns noch vertrauen können, Lena. Aber du musst dich entscheiden. Jetzt.“
Und dann, in der Stille der Nacht, hörte ich etwas. Ein Knacken im Gebüsch. Ein Geräusch, das uns verriet, dass wir nicht allein waren.
Epilog: Das Ende der Nacht
Der Park war nun vollkommen still, bis auf das leise Rascheln der Blätter im Wind. Max’ Handgriff um mein Handgelenk wurde fester, als er den Geräuschen lauschte, die sich um uns herum sammelten. Es war, als ob der Park selbst ein lebendiges Wesen geworden war, das sich in dieser Nacht gegen uns stellte.
„Da ist jemand“, flüsterte ich. Die Anspannung in meiner Stimme war unüberhörbar. Ich konnte spüren, wie mein Herz gegen meine Brust hämmerte, als wäre es kurz davor, sich aus meiner Haut zu lösen.
„Keine Panik“, sagte Max mit rauer Stimme. Doch ich bemerkte, dass auch er sich kaum zu beruhigen vermochte. „Bleib hinter mir.“
Ich wollte ihm glauben. Ich wollte ihm vertrauen, aber die letzte Stunde hatte alles in Frage gestellt, was ich je über ihn gewusst hatte. Max hatte mich in diese Nacht gezogen – in einen Albtraum voller Lügen und Geheimnisse. Und nun standen wir hier, im Dunkeln, während sich die Schatten um uns verdichteten.
Plötzlich hörte ich Schritte. Langsame, entschlossene Schritte, die sich näherten. Max’ Hand glitt vorsichtig zu seiner Tasche. „Bleib ruhig, Lena. Sie kommen. Aber wir sind vorbereitet.“
Ich nickte, obwohl die Worte in mir wie eine Lüge klangen. Nichts an diesem Moment fühlte sich „vorbereitet“ an. Nichts fühlte sich richtig an.
Die Silhouetten von drei Männern tauchten aus dem Nebel auf. Ihr Blick war stechend, kalt, wie der einer Raubtiere, die sich ihrem Ziel genähert hatten. Ihre Körperhaltung war aggressiv, ihre Schritte schienen die Nacht zu durchdringen.
„Wo ist der Koffer?“ fragte der Größte der Männer, seine Stimme ein bedrohliches Knurren, das mir einen Schauer über den Rücken jagte.
Max trat einen Schritt nach vorne, seinen Blick auf den Boden gerichtet. „Ich habe ihn nicht hier. Aber du weißt, was du tun musst, wenn du ihn willst“, sagte er, seine Stimme kontrolliert, doch ich konnte die Nervosität darin hören.
Ich wollte mich befreien, wollte schreien, aber ich wusste, dass es nichts nützen würde. Wir waren in der Falle, gefangen zwischen den Bäumen dieses verdammten Parks, ohne einen Ausweg zu sehen.
Plötzlich zog Max den Koffer hervor, den er die ganze Zeit verborgen gehalten hatte, und reichte ihn einem der Männer. Der Größte nickte, aber in seinen Augen lag kein Hauch von Dankbarkeit, nur der glühende Schein von Gefahr.
„Du weißt, was passiert, wenn du versuchst, uns zu betrügen“, sagte der Mann, der den Koffer nun in seinen Händen hielt. Er öffnete ihn, aber was er fand, ließ ihn zusammenzucken. Ich konnte seine Anspannung förmlich spüren.
„Das… das ist nicht das, was wir erwartet haben“, murmelte der Mann. Doch bevor er weiter sprechen konnte, blitzte ein kaltes Lächeln auf Max’ Gesicht.
„Das war der Plan“, sagte Max leise. „Die Informationen, die du suchst, sind nicht hier. Sie sind woanders, und sie werden euch alle in den Abgrund ziehen.“
Ich starrte Max mit ungläubigen Augen an. Die Wahrheit, die er gerade ausgesprochen hatte, traf mich wie ein Schlag. Er hatte uns in eine Falle geführt – nicht für den Koffer, sondern für das, was er tatsächlich wusste. Max hatte all die Lügen aufrechterhalten, um die Aufmerksamkeit von den wahren Geheimnissen abzulenken.
„Was hast du getan?“ flüsterte ich, als mir die Tragweite seiner Worte bewusst wurde.
Max drehte sich zu mir, ein fast entschuldigender Blick in seinen Augen. „Ich musste dich beschützen, Lena. Du hättest nie in dieses Spiel gezogen werden dürfen. Aber jetzt, da es zu spät ist, hoffe ich, dass du eines verstehst: Wir sind nicht nur Opfer, wir sind auch Spieler in diesem Spiel.“
Und dann, im Augenblick der Verwirrung, hörte ich den Schuss.
Es war ein einzelner, dumpfer Knall, der die Luft zerriss. Der Mann, der den Koffer gehalten hatte, taumelte zurück, die Waffe, die in seiner Hand lag, fiel zu Boden. Ein dunkler Fleck breitete sich auf seinem Hemd aus, und der andere Mann starrte fassungslos auf ihn.
Max starrte auf das Chaos, das er entfesselt hatte, und ich spürte, wie mein Herz in meiner Brust festfror. Der Plan war aus den Fugen geraten, und niemand wusste, wie es enden würde.
„Lena, du musst gehen“, sagte Max, seine Stimme jetzt rauer, entschlossener. „Es ist vorbei. Du musst den Park verlassen, bevor sie kommen.“
Ich wollte etwas sagen, wollte ihm entgegnen, aber die Worte blieben mir im Hals stecken. Stattdessen drehte ich mich um und rannte. Die Dunkelheit verschlang mich, als ich den Park hinter mir ließ, die Geräusche des Kampfes immer weiter entfernt, bis sie schließlich verstummten.
Als ich schließlich in Sicherheit war, in einer der nahegelegenen Straßen, blieb ich stehen und atmete schwer. Aber es war zu spät. Die Entschlossenheit in Max’ Augen war die letzte Erinnerung, die ich an diese Nacht hatte. Ich wusste, dass ich die Wahrheit über das, was geschehen war, nie erfahren würde. Doch das, was in diesem Park begann, würde für immer mein Leben beeinflussen. Das dunkle Geheimnis, das wir alle suchten, würde nie ans Licht kommen.
Und ich wusste, dass ich nie wieder denselben Menschen sehen würde, der mir damals so vertraut war – Max.